Das Tagebuch von einem jungen Mädchen wird von Millionen von Menschen weltweit gelesen. Es ist das Tagebuch der Anne Frank.  Der Tag des Tagebuchs steht im Zeichen von Anne Frank. Sie bekam ein Notizbuch zu ihrem 13. Geburtstag und nutzte es als Tagebuch. Darin dokumentiert sie ihr Schicksal als untergetauchte Jüdin, zusammen mit sieben weiteren Personen in einem Hinterhaus. Sie schreibt aber auch über die Sorgen und Herzensangelegenheiten eines Teenagers. Die Bedeutung von Annes Tagebuch wurde und wird in den Medien immer wieder ausführlich betrachtet, erläutert und gewürdigt. Deshalb möchte ich Anne heute aus einem anderen Blickwinkel betrachten – und sie als Tagebuchschreiberin in den Mittelpunkt stellen.  Denn ihr Tagebuch ist eine Inspiration für alle, die selbst ein Tagebuch führen möchten. Ihre Aufzeichnungen spiegeln ihre einzigartige Persönlichkeit und ihren Schreibstil wider, aber gleichzeitig können wir aus ihrem Buch wertvolle Anregungen für das eigene Tagebuch schreiben schöpfen.

Eine Quelle der Inspiration: Anne Frank Tagebuch – Fischer Taschenbuch Verlag 7. Auflage: Juni 2004 ISBN 3-596-80380-2

Warum das Führen eines Tagebuchs gewisse Richtlinien braucht

Wir brauchen zum Schreiben eigentlich nur Papier und Stift,  oder eine Tastatur, wenn das Tagebuch am PC geschrieben werden soll. Dann brauchen wir nur den oft genannten Rat zu befolgen: „Schreib einfach drauf los.“  Das stimmt im Grunde genommen.  Trotzdem stellen wir dann doch fest, es bedarf wohl doch ein wenig mehr an Voraussetzungen für das fruchtbare Schreiben, und zwar Motivation, Struktur und Durchhaltevermögen. Anne wusste wie es geht, ob sie nun bewusst oder gefühlsmäßig gewisse Aspekte  beim Schreiben berücksichtigte zur Bereicherung des Tagebuchs. Zur Veranschaulichung stelle  ich die wesentlichen Aspekte vor und verknüpfe eigene Gedanken mit dem Tagebuch von Anne.

Eine Beziehung zum Tagebuch herstellen

Mit einem unbeschriebenen Notizbuch können wir noch nichts anfangen. Erst muss es für uns an Bedeutung gewinnen, damit wir einen Bezug dazu haben und motiviert sind, regelmäßig hinein zu schreiben.  Dadurch erhält das Schreiben seinen Sinn.  Am 12. Juni  1942  schreibt Anne Frank zum ersten Mal in ihr Notizbuch darüber, was sie sich vom Tagebuch erhofft. Sie möchte dem Tagebuch alles anvertrauen. Zudem schreibt sie am Ende des kurzen Eintrags: „ …, und ich hoffe, du wirst mir eine große Stütze sein.“  Sie spricht das Tagebuch mit „du“ an und schafft so bereits die erste Verbindung.  Das Tagebuch wird ihr zur Freundin und sie nennt es „Kitty“.  So ist es ihr vermutlich leichter gefallen über alles zu schreiben, ihre Worte an ihre Freundin „Kitty“  (ihrem vertrauten Tagebuch) zu richten. Viele folgten ihrem Beispiel und gaben ihrem Tagebuch ebenfalls einen Namen.

Bedenken überwinden und mit dem Schreiben beginnen

Um mit dem Tagebuchschreiben anzufangen, müssen manche von uns zunächst ein paar Bedenken beiseite schieben. Die Vorbehalte lauten meistens: „Ich kann nicht gut genug schreiben“ oder „Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll oder worüber ich schreiben könnte.“ Solche Bedenken lassen sich am leichtesten überwinden, indem wir es einfach ernsthaft ausprobieren. Anne empfand das Tagebuchschreiben zuerst auch als eigenartig,  wie sie es wenige Tage nach ihrem Geburtstag beschreibt. Weiterhin war sie davon überzeugt, es würde sich später keiner für ihre Herzensergüsse interessieren. Dennoch gelangte sie zu der Erkenntnis: „Aber darauf kommt es eigentlich nicht an, ich habe Lust zu schreiben und will mir vor allem alles Mögliche  gründlich von der Seele reden.“ Damit spricht sie schon die tragende Motivation für das Führen eines Tagebuchs an. Ein Tagebuch gibt uns die Möglichkeit und den Freiraum, über Gefühle und Erlebnisse offen zu schreiben, besonders über die Herzensangelegenheiten, die wir nicht aussprechen können oder wollen.  Das Tagebuch wird zur Stütze, so wie Anne es sich beim ersten Eintrag in ihrem Notizbuch erhoffte. Ihr zweiter Eintrag ist der eigentliche Einstieg ins Schreiben. Sie beschreibt ihren Geburtstag und den Erhalt des Notizbuches. Als sie kurze Zeit später den Entschluss fasst, ihr Tagebuch als Freundin zu betrachten, schreibt Anne ihre Lebensgeschichte kurz auf, zum besseren Verständnis für den späteren Leser. Als Einstieg ins Schreiben eignen sich beide eben dargelegten Vorgehensweisen von ihr. Wir können einen besonderen Moment auswählen und diesen beschreiben, oder wir fassen unsere Lebensgeschichte zusammen, sozusagen als Bestandsaufnahme. Wir wissen also schon mal, wie wir den Einstieg finden, haben wir doch ein naheliegendes Thema zur Hand.

Der Stoff, aus dem lesenswerte Tagebücher entstehen 

Wenn jetzt noch Zweifel bestehen, ob es sich lohnt Tagebuch zu schreiben, da die eigenen kleinen Alltagsbegebenheiten oder Gefühlsregungen es womöglich nicht wert sind, aufgeschrieben zu werden, demjenigen bleiben nur zwei Möglichkeiten, entweder gleich aufzugeben oder sich ein Beispiel an Anne Frank zu nehmen.  Sie hatte nicht nur wenig Bewegungsfreiraum, sondern hat infolgedessen wenig erleben können in den engen Räumen des Hinterhauses. Dabei fesseln Ihre Aufzeichnungen den Leser nicht allein wegen dem Inhalt. Vielmehr ist es ihre lebhafte Art zu verdanken. Die kleinsten Ereignisse oder Gefühlsregungen anschaulich und schwungvoll aufs Papier zu bringen, tragen wesentlich dazu bei.  Sie arbeitete an ihren Schreibstil, weil sie danach strebte Schriftstellerin oder Journalistin zu werden. Auch wollte sie ihr Tagebuch veröffentlichen. Natürlich haben viele Tagebuchschreiber weder ihren schriftstellerischen Ehrgeiz,  noch möchten sie ihre privaten Tagebücher veröffentlicht sehen. Bestenfalls werden tagebuchartige Beiträge zu einem bestimmten Thema in einem Blog veröffentlicht. Oder das Blog wird nur für private Zwecke genutzt, so dass die Beiträge nur dem Besitzer zugänglich sind.                                                                                                                                                                                   Vorläufig konzentrieren wir uns darauf, unser Tagebuch regelmäßig mit Inhalten zu füllen. Eventuell bereichern wir es noch mit Bildern oder eigene Zeichnungen. Wir wollen ja feste Schreibgewohnheiten entwickeln, selbst wenn wir nicht unbedingt täglich schreiben, aber zumindest alle paar Tage. Damit wir immer den Überblick behalten, notieren wir stets das Datum. Später bleibt genügend Zeit für die Feinheiten, die jeden Text lesenswerter machen.  Dann bemühen wir uns um einen feineren Schreibstil, indem wir uns wieder auf Anne besinnen und auf möglichst aktive und anschauliche Beschreibungen achten, Dialoge verwenden und viele Einzelheiten in unseren Schilderungen aufnehmen. Im Rückblick werden wir dafür dankbar sein, wenn wir das Büchlein durchblättern und ältere Einträge lesen. Anne tat das auch. Sie war teils darüber erstaunt, was sie geschrieben hatte und mit welcher Heftigkeit. Das ist nicht erstaunlich, sondern eher eine Folge der Entwicklung. Wir verändern uns nicht nur, sondern unser Schreibstil ebenfalls. Das macht den Reiz des Tagebuchs aus. Und im besten Fall wird es für uns ein treuer und wertvoller Lebensbegleiter sein.

Und vielleicht schreiben Millionen Menschen weltweit in ihrem Tagebuch, weil Anne Frank sie dazu inspiriert. Es wäre in ihrem Sinne.

85 Jahre Anne Frank – Programme und Aktivitäten

Das Anne Frank Zentrum in Berlin, die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt/Main und die Gedenkstätte Bergen-Belsen erinnern gemeinsam an Anne Frank und allen anderen Opfern des Holocaust. Die neue Website:  Anne Frank 2014  bietet Informationen über alle Aktivitäten.

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7 Kommentare
  1. Yammi sagt:

    Ich gebe Ihnen absolut Recht: Ich selbst schreibe auch schon seit meiner Kindheit mal mehr, mal weniger regelmäßig Tagebuch, habe aber vor allem dieses Jahr durch persönliche Entwicklungen wieder einen richtigen Anstoß bekommen und im Zuge dieses Anstoßes die wissenschaftliche Gesamtausgabe des Tagebuchs der Anne Frank aus 2013 gelesen: Abgesehen davon, dass es für mich sehr interessant war, die unterschiedlichen Tagebuchversionen zu vergleichen, war ich überrascht und fasziniert, welchen Reichtum ich bei einem so jungen Mädchen finden konnte. Trotz oder gerade wegen der Umstände? – Ich weiß es nicht.

    Wiedererwarten konnte ich für mich persönlich tatsächlich auch Kraft aus Anne Franks Gedanken schöpfen, vor allem durch ihre Einträge zum Schreiben und zur Familie.

    Vielen Dank für diesen wunderbaren Artikel. – Ich lese Ihren Blog sehr gerne und komme gern immer wieder vorbei!

  2. Helen sagt:

    Hallo Yammi,
    ich bedanke mich für Ihren netten und interessanten Kommentar. Ich freue mich sehr darüber, dass Ihnen mein Artikel gefällt. Mir ergeht es ähnlich mit dem Tagebuch schreiben. Inzwischen schreibe ich regelmäßig und befasse mich intensiver mit dem Thema Tagebuch. Das Tagebuch der Anne Frank finde ich ebenfalls immer wieder faszinierend. Ich denke, die Umstände hatten schon erheblichen Einfluss auf Anne Frank und ihre Aufzeichnungen. Ihr Tagebuchaufzeichnungen spiegeln jedoch nicht nur die Umstände im Hinterhaus, sondern enthalten sehr scharfsinnige Gedanken und Beobachtungen. Es ist daher immer wieder eine Bereicherung ihr Tagebuch zu lesen. Anne Franks Tagebuch ist stets eine wertvolle Anregung. Ich freue mich, dass Sie das Tagebuch der Anne Frank wieder für sich entdeckt haben.
    Ich hoffe, Sie haben weiterhin viel Freude am Schreiben und finden hier die eine oder andere Anregung.
    Herzliche Grüße
    Helen

  3. Ayna sagt:

    Anne Frank, das muss man mal echt gelesen haben. Ich selbst schreibe kein Tagesbuch, da immer wieder gerne rein geschaut wurde von meinen Eltern, seit dem habe ich es gelassen.

  4. HerbertMes sagt:

    Hallo,

    interessante und informative Beiträge hier, super. Habe längere Zeit als stiller Gast nur mitgelesen und mich jetzt mal angemeldet.
    Ich würde mich freuen, wenn ihr bei Gelegenheit auch einmal auf meinem Blog zum Thema Textilreinigung vorbeischauen würdet.

    Alles Liebe

    Herbert

    Rotweinflecken

  5. Helen sagt:

    Liebe Ayna,
    vielen Dank für deinen Kommentar. Ich finde es sehr schade, dass du kein Tagebuch mehr führst. Das Vertrauen ist natürlich dahin, wenn dein Tagebuch gelesen wurde. Das geht überhaupt nicht! Ein Tagebuch ist privat und jeder sollte das respektieren. Vielleicht kannst du ein Tagebuch im Internet führen und durch ein Passwort schützen. Ich hoffe, du entdeckst wieder die Freude am Tagebuch schreiben.
    Liebe Grüße
    Helen

  6. Helen sagt:

    Hallo Herbert,
    es freut mich, wenn du dich einbringst und ein Kommentar schreibst. Vielen Dank dafür. Rückmeldungen sind immer willkommen. Ich wünsche dir mit deinem Blog auch viel Erfolg.
    Herzliche Grüße
    Helen

  7. HerbertMes sagt:

    Hallo,

    interessante und informative Beiträge hier, super. Habe längere Zeit als stiller Gast nur mitgelesen und mich jetzt mal angemeldet.
    Ich würde mich freuen, wenn ihr bei Gelegenheit auch einmal auf meinem Blog zum Thema Textilreinigung vorbeischauen würdet.

    Alles Liebe

    Herbert

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