In der modernen Psychotherapie und Behandlung von Schwerkranken Menschen hört man immer öfter vom sogenannten „Schreiben als Therapie“. Fachleute haben die positiven Effekte des Schreibens erkannt und nutzen diese für eine effektivere und intensivere Arbeit mit ihren Patienten.

Besonders Menschen, die durch ihre Krankheit den Bezug zu ihrem Körper und ihren Gefühlen verloren haben sind für diese Art der Behandlung geeignet. Durch das Schreibens eines Tagebuchs oder auch eines Briefes an sich selbst werden Patienten dazu angeregt sich intensiv mit ihrem eigenen Leben auseinandersetzten. Dadurch können sie wichtige Erkenntnisse über die Gründe und Zusammenhänge ihrer Krankheit herausfinden, eigene Gefühle und Gedanken reflektieren und so ihr Verhalten anpassen, verändern oder besser kontrollieren.

Außerdem berichten viele Patienten, dass sie bevor sie mit dem Schreiben begonnen hatten, Hemmungen oder tiefsitzende  Blockaden hatten, über ihre Probleme und Gefühle zu reden. Beim Schreiben lösen sich diese Blockaden, und es tritt eine befreiende Wirkung ein. Tief verborgene Gefühle kommen wieder zum Vorschein, mit denen der Therapeut dann gezielt arbeiten kann.

Viele werden auch schon die Erfahrung gemacht haben, dass es wesentlich einfacher ist über Gefühle und unangenehme Dinge zu schreiben als mit jemanden darüber zu sprechen. Nachdem Gefühle wie Wut oder Angst von der Seele geschrieben worden sind, fühlt man sich gleich bedeutend besser, denn aufgestaute Gefühle behindern den Heilungsprozess.

Gerade in der Behandlung von magersüchtigen Patienten hat die Poesie- oder Schreibtherapie einen wichtigen Platz eingenommen. Die Patienten können den Ergeiz, den sie zuvor beim konsequenten Abnehmen gezeigt haben, nun positiv in die Arbeit an einem Gedicht oder an Briefen umlenken. Während diese Patienten Schreiben kommt oft eine unglaubliche Wut auf ihre Krankheit hoch, was die Grundlage einer erfolgreichen Behandlung ist.

Auffallend ist, dass wesentlich mehr Mädchen als Jungs zum Stift greifen um bsw. Tagebuch oder einen Brief zu schreiben. Das hat viel damit zu tun, dass Frauen grundsätzlich offener sind, sich mit Gefühlen oder auch psychischen Erkrankungen auseinander zu setzen. Dabei ist es gesund und hilfreich, sich seine eigenen Schwächen einzugestehen, und den Mut aufzubringen, etwas dagegen zu tun.

Aber nicht nur psychisch kranke Menschen profitieren von den Effekten des Schreibens. Das Schreiben hilft auch im Alltag dabei die Gefühle und Gedanken zu ordnen, und sich auch ein Stück weit von ihnen zu lösen. Der Vorteil eines Tagebuchs oder eines Briefs an sich selbst besteht darin, dass es Möglich ist offen über die eigenen Gefühle zu reden, sich aber der Verschwiegenheit des Buches gewiss sein kann. Dabei nimmt das Tagebuch oft die Stelle eines engen Freundes ein, dem man vertrauen kann. Man kann also völlig frei und ungehindert sein Leben und sein Verhalten beleuchten, ohne Angst haben zu müssen, dass dies negative Konsequenzen haben könnte. Außerdem ist das Tagebuch ein wirksames Medium zur Entdeckung und Entfaltung der eigenen Kreativität.

Auch in der Behandlung von Schwerstkranken wie z.B. AIDS oder Krebskranke Menschen hat die Schreibtherapie Einzug gehalten. Natürlich kann ein Tagebuch keine medikamentöse Therapie ersetzen oder den Schwerkranken vor dem Tod bewahren, allerdings soll das Schreiben des Tagebuchs dem Patienten helfen mit dieser Extremsituation zu Recht zu kommen. Oft gibt es noch zahllose ungesprochene Dinge, die auf dem Herzen der Patienten lasten. Und manchmal gibt es auch nicht mehr die Möglichkeit alle Dinge auszusprechen. Das Schreiben von Briefen oder Texten kann aber die Patienten von ihrer Last befreien, damit sie wenigstens nicht auch noch unter diesen Schmerzen leiden müssen.

Zwar ist das Schreiben eines Tagebuchs sicherlich kein Allheilmittel gegen jegliche Art von Krankheiten, aber doch sicher ein erfolgreicher Helfer im Umgang mit schwierigen Lebenssituationen, und kann vielleicht sogar dazu beitragen, dass man mit sich und seinem Leben besser klar kommt, und seine Gefühle und Gedanken besser verstehen kann.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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9 Kommentare
  1. Hannes sagt:

    Ein schöner Artikel zu einem weiten Forschungsfeld. Bin gespannt, ob die verschiedenen Therapieformen die Schreibtherapie in ihre Programme aufnehmen.

  2. Thomas sagt:

    Ich bin auf den Artikel gestoßen weil ich das Tagebuch schreiben selbst für mich entdeckt habe schon nach dem ersten eintrag fühlte ich mich besser. Ich kann den Artikel perfekt auf mich reflektieren.

  3. Mica sagt:

    Also ich kann mir vorstellen, das man seine Alpträume verliert, wenn man das Erlebte niederschreibt. Dafür gibt es auch schon Studien.

  4. Charlotte sagt:

    Habe selbst auch schon eine Verhaltenstherapie gemacht. Hat mir sehr geholfen meinen Alltag wieder in den Griff zu bekommen und langfristige Ziele konsequent zu verfolgen und dann auch zu erreichen 🙂 – Kann ich jedem nur empfehlen!

  5. Helen sagt:

    Vielen Dank an alle für die hilfreichen Kommentare! Das Tagebuch schreiben hat nachweislich einen therapeutischen Effekt und wird auch gerne begleitend zur Therapie eingesetzt. Dann gibt es noch spezielle Schreibtherapien wie die Poesie- und Bibliotherapie. Auch im Alltag profitieren viele Menschen von der entlastenden Wirkung des Schreibens.

  6. Marcus sagt:

    Halllo,

    bin selbst gerade in einer schwierigen Lebenssituation und diese Woche gab es in der Ergotherapie den Rat mir ein Tagebuch anzulegen um meine Gedanken/Kopfsalat niederzuschreiben. Auch eine Freundin outete sich Tagebuch zu schreiben ;). Mein Hauptziel soll aber vielleicht auch sein mein Kreis an Freunden und Bekannten mit meinen Problemen vollzuballern. Mein Problem wird sein: Durchhaltevermögen und meine Sauklaue. Schreibe eigentlich halt ungern. Aber vielleicht hilft es vielleicht doch…

    Danke für den Fundus im Schreibjournal rund ums Tagebuch (per Googeln hier). Bitte weitermachen…

  7. Helen sagt:

    Hallo Marcus,
    besten Dank für dein Kommentar. Besonders in schwierigen Lebenssituationen empfinde ich das Schreiben als hilfreich. Das Aufschreiben trägt oft dazu bei, eben die Gedanken bzw. Kopfsalat zu entwirren. deshalb hoffe ich, du probierst es einmal aus. Du wirst bestimmt feststellen, dass es etwas ganz anderes ist deine Gedanken und Gefühle schriftlich festzuhalten. Zwar sind Gespräche mit Freunden auch eine Hilfe, dennoch ist das Tagebuch schreiben eine sinnvolle Ergänzung. In deinem Tagebuch kannst du über diese Gespräche reflektieren, aber auch einfach alles notieren, was dir noch einfällt. Anfangs braucht es wohl Überwindung und Ausdauer, aber es lohnt sich. Wenn du dir die Vorteile vor Augen führst und es als persönliche Bereicherung betrachtest, fällt es dir bestimmt leichter. Und wenn du nicht gerne per Hand schreibst, dann könntest du ja auch am PC schreiben. Probiere es vielleicht trotzdem aus mit der Hand zu schreiben. Es kommt nicht auf die Handschrift an. Ich hoffe, du findest deinen Zugang zum Tagebuch schreiben und entwickelst Freude daran.
    Viele Grüße
    Helen

  8. Marcus sagt:

    Hallo Helen,

    vielen Dank für die Ermutigung! Seid gestern ist nun ein quietscht gelbes Notizbuch von Leuchtturm1917 mein Begleiter. Werde es aber wohl in der Verwendung eher als Tagebuch bzw Ideenbuch mischen. Ich brauche zwar kein Kalligraphie-Kurs, aber zum leserlich schreiben brauche ich immer Zeit und kostet Geduld bei mir. Deswegen mag ich meine „Sauklaue“ nicht…

    LG Marcus

  9. Helen sagt:

    Hallo Marcus,
    es freut mich, dass ich dich motivieren konnte und du dir ein schönes Notizbuch besorgt hast. Dein netter Kommentar motiviert mich ebenfalls dazu, weiterhin diesen Blog zu führen. Dein Notizbuch lädt zu vielen Verwendungsmöglichkeiten ein, selbstverständlich auch als Ideenbuch oder Erfolgsjournal. Das macht das Schreiben eben spannend. Beim Schreiben entwickeln sich Ideen, Impulse oder Gedankengänge. Ich hoffe, du freundest dich noch mit deiner Handschrift an. Denn jede Handschrift ist einzigartig und ein Teil von uns.
    Freundliche Grüße
    Helen

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