Am Anfang steht ein Notizbuch. Eigentlich ist so ein Notizbuch nichts Besonderes. Beim ersten Anblick sehen wir nur ein Buch mit leeren Seiten. Oder sind es eben die leeren Seiten, die diese besondere Ausstrahlung haben? Sind es nicht die leeren Seiten, die uns still auffordern, sie doch mit Leben zu füllen und ihnen so eine Bedeutung zu geben? So ein leeres Notizbuch hat dann doch seine eigene Anziehungskraft. So ein Notizbuch birgt den Reiz des Neuen und ist zugleich spannend, wir wissen ja selbst noch nicht, was das Buch am Ende beinhalten wird. Und so ein Notizbuch bekam Anne Frank an ihrem 13. Geburtstag geschenkt. Das Notizbuch hätte Anne auch als Poesiealbum nutzen können. Anne machte es jedoch zu ihrem Tagebuch. Und Anne Frank verstand es, ihr Tagebuch mit Leben zu füllen, obwohl ihr Lebensraum im Hinterhaus beengt und begrenzt war. Aber Ihre Gedanken konnte sie frei entfalten und in ihrem Tagebuch festhalten. Aus einem einfachen Notizbuch wurde ein wertvolles und bewegendes Tagebuch. Der Tag des Tagebuchs erinnert uns jedes Jahr an den besonderen Wert von Anne Franks Tagebuch und zugleich inspiriert es uns zum Tagebuch schreiben.
Welchen Stellenwert hat das Tagebuch heute?
Das Tagebuchschreiben wurde früher kultiviert. Schon durch das Schreiben mit der Hand wurde das Leben entschleunigt. Tagebuchschreiber nahmen sich bewusst Zeit für das Schreiben. Somit fanden sie auch stets genug Zeit für sich selbst. Sie konnten den Tag Revue passieren lassen, Sorgen schriftlich abstreifen, über Erlebtes sinnieren oder reflektieren und Stimmungen einfangen. Wer regelmäßig seine Gedanken und Gefühle per Hand aufschreibt, bewahrt meistens das Tagebuch auf, um später darin zu blättern. Schließlich dokumentiert das Tagebuch das eigene Leben. Der bleibende Wert des Tagebuchs liegt also in der Hand des Schreibers.
Moderne Kommunikationsformen haben andere Tagebuchformen mit sich gebracht. Das Tagebuch schreiben in Echtzeit, also kurze Mitteilungen via Twitter zu verschicken, ist keine Seltenheit. Apps, Blogs und Tagebuch-Communities bieten sich an als Online-Tagebuch. Das Tagebuch ist mobil und flexibel, erlaubt es doch das Schreiben mit PC, Tablet oder Smartphone, sozusagen am Puls der Zeit, ob von Zuhause oder unterwegs. Die mobile Form des Tagebuchs erlaubt es, Gedanken, Meinungen oder Mitteilungen schnell und einfach mit anderen zu teilen. Aktualität ist hierbei meist das führende Kriterium. Tagebücher via Twitter, Blogs oder andere soziale Plattformen leben eher für den Moment, zumindest in den meisten Fällen. Damit wandelt sich jedoch auch der Wert des Tagebuchs. Es geht nicht mehr darum, das eigene Leben auszuloten und Erkenntnisse oder Impulse aus den Tagebucheinträgen zu gewinnen. Vielmehr geht es um das schnelle Mitteilen von Inhalten. Natürlich gibt es auch private Internet-Tagebücher oder öffentliche Blogs, die thematisch ausgerichtet sind und ausführlich auf ein bestimmtes Thema eingehen.
Das Tagebuch – Der Zweck bestimmt die Form
Am Ende steht das Tagebuch, nur die Form zeigt sich inzwischen vielfältiger. Welche Tagebuchform am besten zu uns passt, hängt von dem Verwendungszweck ab. Damit haben wir Tagebuchschreiber heute die Wahl und können ein Tagebuch öffentlich oder privat führen, auf dem Papier oder am PC. Nach Belieben können wir mehrere Tagebücher anlegen und pflegen. Wir selbst bestimmen darüber, welcher Stellenwert das Tagebuch schreiben für uns hat. Es liegt in unserer Hand. Wir verleihen unserem Tagebuch die Bedeutung, indem wir es nach unseren Wertvorstellungen gestalten.